Kapitel 1: Der Fluch des Schlosses
Auf einer einsamen Klippe, umgeben von unendlichen Nebeln und dem Heulen des Windes, erhob sich Schloss Hangock. Die alten Mauern des Anwesens schienen voller Geheimnisse zu sein, und die Dorfbewohner mieden den Ort aus Angst vor dem Fluch, der angeblich darauf lag. Man erzählte sich von einem Schatz, verborgen tief in den Katakomben des Schlosses, aber auch von unheimlichen Schattenwesen, die jeden Eindringling in den Wahnsinn treiben sollen.
Rapunzel, ein junges Mädchen mit goldenen Haaren, das bis zu ihren Knöcheln fiel, lebte am Rande des Dorfes. Ihre Neugier war unstillbar, und ihre Geschichten von Abenteuern faszinierten und erschreckten die Dorfbewohner gleichermaßen. Als sie von dem sagenhaften Schatz auf Schloss Hangock hörte, entflammte ein unbezwingbarer Wunsch in ihr: Sie wollte ihn finden.
„Das ist Wahnsinn, Rapunzel,“ warnte sie ihr bester Freund Lukas. „Keiner, der dorthin ging, ist je zurückgekehrt.“ Doch Rapunzel winkte ab. „Vielleicht haben sie einfach nicht richtig gesucht. Oder sie hatten nicht genug Mut. Ich werde es herausfinden.“
In einer kalten Vollmondnacht packte sie eine Laterne, ein altes Buch über Schloss Hangock und einen Dolch ein. Mit zitternden Händen öffnete sie das schwere Eisentor des Schlosses, das unter lautem Quietschen aufschwang. „Hier beginnt das Abenteuer,“ flüsterte sie zu sich selbst, während der Nebel dichter wurde und die Dunkelheit um sie herum tiefer erschien.
Kapitel 2: Die Stimmen in den Mauern
Die Eingangshalle des Schlosses war riesig und von einer bedrohlichen Stille erfüllt. Rapunzels Schritte hallten wider, und ihre Laterne warf flackernde Schatten an die bröckelnden Wände. Staub und Spinnweben bedeckten alles, und der Geruch von Moder lag in der Luft. Doch das war nicht alles: Aus der Ferne hörte sie leise Flüsterstimmen, die sich wie ein Echo über die Wände zogen.
„Wer ist da?“ rief Rapunzel, doch ihre Stimme verhallte ohne Antwort. Sie griff fester um den Griff ihrer Laterne und ging weiter. Auf einem Marmorsockel in der Mitte des Raumes lag ein verziertes Tagebuch, dessen Einband mit einem Wappen versehen war – ein Greif, der ein Schwert hielt. Sie öffnete es vorsichtig und begann zu lesen. Die Einträge waren von einem gewissen Lord Hangock, dem letzten Bewohner des Schlosses, verfasst.
„Der Fluch wird uns alle holen. Der Schatz ist unser Verderben. Niemand darf ihn finden…“ Die letzten Worte waren verwischt, als hätte jemand in Panik über das Papier gestrichen. Rapunzel spürte ein unheimliches Kribbeln auf ihrer Haut. Sie hörte wieder die Stimmen, diesmal deutlicher. Sie kamen aus den Wänden selbst.
Ein kalter Luftzug erlosch die Flamme ihrer Laterne. Dunkelheit verschlang den Raum, und Rapunzel spürte, wie eine unsichtbare Kraft an ihrem Haar zog. Ein unheimliches Kichern hallte durch die Halle. „Du bist zu weit gegangen,“ flüsterte eine Stimme direkt an ihrem Ohr. Rapunzel schrie auf.
Kapitel 3: Der verborgene Durchgang
Nachdem sie ihre Laterne wieder entzündet hatte, entdeckte Rapunzel an der Rückwand der Halle ein verstecktes Relief, das wie eine Karte aussah. Darauf war eine Wendeltreppe abgebildet, die hinab in die Tiefe des Schlosses führte. Neben der Karte war ein Spruch eingraviert: „Nur die Tapfersten werden den Weg erblicken.“
Plötzlich löste sich der Boden unter ihr, und sie fiel. Ihre Schreie verhallten, während sie durch einen engen Schacht rutschte. Als sie endlich zum Stillstand kam, fand sie sich in einem unterirdischen Gang wieder. Das leise Tropfen von Wasser war das einzige Geräusch.
Die Wände waren mit unheimlichen Fresken bemalt, die Szenen von Menschen darstellten, die von dunklen Kreaturen verfolgt wurden. Rapunzel schauderte, aber ihre Entschlossenheit trieb sie voran. Am Ende des Ganges fand sie eine massive Eisentür, die mit einem seltsamen Schloss versehen war. Neben der Tür lag ein verrosteter Schlüssel, der wie durch Schicksal für sie dort hingelegt worden war.
Als sie den Schlüssel drehte, begann die Tür langsam zu knarren. Ein eisiger Wind strömte aus der Dunkelheit, und Rapunzel trat ein.
Kapitel 4: Das Zimmer der Schatten
Der Raum dahinter war voller seltsamer Objekte: verstaubte Kerzenhalter, alte Porträts, deren Augen ihr zu folgen schienen, und ein großer, schwarzer Spiegel in der Mitte des Raumes. Rapunzel näherte sich dem Spiegel vorsichtig, doch als sie hineinblickte, sah sie nicht ihr eigenes Spiegelbild. Stattdessen erschien eine Silhouette, die nur aus Schatten zu bestehen schien.
„Wer bist du?“ fragte Rapunzel. Das Schattenwesen antwortete mit einer Stimme, die wie das Kratzen von Metall klang: „Ich bin der Hüter. Nur die Würdigsten können den Schatz erlangen. Doch jeder Schritt hat seinen Preis.“
Der Schatten verschwand, und auf dem Spiegel erschienen Schriftzeichen, die ihr den weiteren Weg wiesen. „Hinab in die Katakomben,“ murmelte sie und folgte den Zeichen, die nun an den Wänden leuchteten.
Kapitel 5: Die Katakomben
Die Treppen, die in die Katakomben führten, schienen unendlich. Mit jedem Schritt wurde die Luft schwerer, und ein Geruch nach Verfall lag in der Dunkelheit. Plötzlich hörte sie ein Kratzen, das immer näher kam. Aus den Schatten traten knochige Gestalten mit glühenden Augen – die verfluchten Wächter des Schatzes.
Rapunzel zog ihren Dolch und bereitete sich auf den Kampf vor. Die Kreaturen waren stark und schnell, doch ihre Bewegungen waren unkoordiniert. Mit einem mutigen Sprung stieß sie eine der Gestalten zur Seite und rannte weiter, bis sie eine massive Steintür erreichte.
„Das muss es sein,“ dachte sie und drückte sich mit aller Kraft gegen die Tür. Sie gab nach, und Rapunzel trat in den letzten Raum ein.
Kapitel 6: Der verfluchte Schatz
Der Raum war von einem unheimlichen Licht erfüllt. In der Mitte thronte eine goldene Truhe, die von seltsamen Symbolen bedeckt war. Doch als Rapunzel nähertrat, spürte sie eine dunkle Präsenz. Der Schattenhüter erschien erneut.
„Dies ist dein letzter Test,“ sagte er. „Um den Schatz zu erlangen, musst du opfern, was dir am wertvollsten ist.“ Rapunzel dachte an ihr Haar, das sie seit ihrer Kindheit als Symbol ihrer Identität betrachtete. Sie wusste, dass sie es opfern musste.
Mit einem einzigen Schnitt trennte sie ihre goldenen Strähnen ab. Der Schatten verschwand, und die Truhe öffnete sich langsam. Darin lag nicht Gold, sondern ein altes Manuskript, das die Wahrheit über den Fluch des Schlosses enthüllte.
Kapitel 7: Die Enthüllung
Das Manuskript erzählte die Geschichte von Lord Hangock, der den Schatz geschaffen hatte, um seine Familie zu schützen. Doch Gier hatte den Fluch heraufbeschworen, der alle nachfolgenden Generationen heimsuchte. Rapunzel erkannte, dass der wahre Schatz nicht materiell war, sondern die Wahrheit und Freiheit, die sie nun in den Händen hielt.
Doch der Fluch war noch nicht gebrochen.
Kapitel 8: Der Rückweg
Rapunzel musste den Manuskripttext laut lesen, um den Fluch zu lösen. Als sie begann, schüttelte ein Erdbeben das Schloss, und die Schattenwesen schrien, bevor sie in einer Rauchwolke verschwanden. Die Mauern begannen zu zerfallen, und Rapunzel rannte um ihr Leben.
Kapitel 9: Das Opfer
Am Ausgang des Schlosses blieb sie stehen. Sie wusste, dass das Manuskript zerstört werden musste, um den Fluch vollständig zu bannen. Mit zitternden Händen legte sie es in die Flammen ihrer Laterne. Der Himmel klärte sich, und das Schloss verschwand.
Kapitel 10: Der Neubeginn
Rapunzel kehrte ins Dorf zurück, ohne ihren Schatz, aber mit einer neuen Erkenntnis – wahre Schätze liegen im Mut und in der Wahrheit. Ihr Haar begann langsam wieder zu wachsen, und die Dorfbewohner erzählten fortan Geschichten von der mutigen Rapunzel, die den Fluch von Schloss Hangock gebrochen hatte.
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